Fluggastrechte im Faktencheck: Das ist die Rechtslage in der Schweiz

Letzte Aktualisierung: 18. Oktober 2018

Bern, 29. August 2018. Die Rechte von Fluggästen innerhalb der EU und der Schweiz sind theoretisch gut geschützt. Bei Verspätungen oder Flugausfällen steht den Betroffenen unter Umständen eine Entschädigungszahlung durch die verantwortliche Fluggesellschaft zu. Schweizer Passagieren werden diese Zahlungen jedoch oftmals zu Unrecht verwehrt. Das weltweit führende Fluggastrechte-Portal, AirHelp (www.AirHelp.com), klärt daher auf, welche Rechte Schweizer Passagiere haben und warum künftig mehr Entscheidungen zugunsten der Fluggäste ausfallen könnten.


Fluggastrechte: Die EU-Verordnung EG 261/2004
Die Rechte von europäischen Fluggästen werden durch die EU-Fluggastrechteverordnung (EG 261/2004) festgelegt. Demnach haben Reisende, die von Flugausfällen sowie Überbuchungen betroffen sind, seit 2004 unter anderem Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung in Höhe von bis zu 600 Euro pro Person. Die Voraussetzung dafür ist, dass die Airline für die Flugstörung verantwortlich ist und der Start- oder Zielflughafen innerhalb der EU liegt. Im letzteren Fall muss sich der Hauptsitz der Airline ebenfalls in der EU befinden. Seit dem Sturgeon-Urteil 2009 haben Passagiere in der EU zudem auch bei Verspätungen ein Anrecht auf Entschädigung. Dies gilt allerdings erst, wenn der Passagier sein Ziel über drei Stunden verspätet erreicht, da eine so massive Verspätung den betroffenen Passagier in eine ähnliche Lage wie bei einer Flugannullierung versetzt.

Warum die Verordnung auch für Schweizer gilt
Im Jahr 1999 einigte sich die Schweiz mit der Europäischen Union auf das Luftverkehrsabkommen. Das bilaterale, wirtschaftliche Abkommen sorgt seit Inkrafttreten im Jahr 2002 zunächst dafür, dass die Wettbewerbsbedingungen für Schweizer Fluggesellschaften innerhalb der EU die gleichen sind wie für die Konkurrenz. Durch Regelungen wie das Diskriminierungsverbot dürfen die Unternehmen beispielsweise die verfügbaren Flughäfen der Europäischen Union für ihren Betrieb nutzen. Im Gegenzug wurde so auch ausländischen Fluggesellschaften der Schweizer Markt eröffnet. Die Liberalisierung der Fluggastrechte für Passagiere in der Schweiz erfolgte einige Jahre später am 01. Dezember 2006. Die Schweiz einigte sich mit dem Beschluss Nr. 1/2006 im Anschluss an das Luftverkehrsabkommen von 1999 mit der Europäischen Union darauf, die bisherigen Entscheidungen des EuGHs diesbezüglich anzuerkennen. So sollte eine einheitliche Verordnung und Durchsetzung der Fluggastrechte zum Schutz der Verbraucher im europäischen Raum gewährleistet werden.

Schweizer werden selten entschädigt – diese Ausnahmen gibt es
Für Verbraucher gestaltet es sich bei Problemen im Flugverkehr in der Schweiz dennoch schwierig, die ihnen rechtmäßig zustehende Entschädigung zu erhalten. Von den Airlines werden die Forderungen der Geschädigten häufig ignoriert. Um an ihre Zahlung zu gelangen, müssen Verbraucher dann den rechtlichen Weg beschreiten. Die schweizer Gerichte entscheiden jedoch oftmals im Interesse der Airlines. Der Grund dafür ist, dass die Rechtsprechung des EuGHs im Zuge des bilateralen Abkommens nicht von der Schweiz in das nationale Gesetz integriert wurde, da die Schweiz kein Mitglied der EU ist. Entscheidungen des EuGHs zugunsten der europäischen Fluggastrechte, die nach dem Abkommen von 2006 getroffen wurden, werden daher von vielen Schweizer Gerichten übergangen.

Die rechtliche Ausnahme bilden Vorkommnisse am Flughafen Basel-Mülhausen. Laut Staatsvertrag zwischen der Schweiz und Frankreich gilt auf dem Fluggelände französisches Gesetz und Verordnungsrecht und somit jegliche Rechtsprechung des EuGHs, da der Flughafen auf Frankreichs Staatsgebiet liegt. Wenn hier ein berechtigter Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung besteht, können Passagiere eher mit ihrer Entschädigung rechnen. Denn sollte die Airline nicht zahlen, können im Falle einer Klage französische Gerichte zuständig werden, die sich an die aktuelle Rechtsprechung der EU halten müssen. Eine weitere Möglichkeit für Schweizer Fluggäste besteht zudem darin, die Entschädigung im Herkunftsland der Airline oder dem Land des Start- bzw. Landeflughafens einzufordern, falls sich diese innerhalb der EU befinden und somit der strikten Rechtsprechung des EuGHs unterliegen. Dort urteilen die Gerichte verbraucherfreundlicher als in der Schweiz.

Philippe Strässle, AirHelps Experte für Fluggastrechte in der Schweiz, erklärt die Anwendung der Passagierrechte in der Schweiz:
“Die Rechte von Flugreisenden in der Schweiz sollen seit dem Abkommen von 2006 genauso gut geschützt sein wie in EU-Mitgliedsstaaten. Auffällig ist jedoch, dass viele Schweizer Gerichte besonders bei Verspätungen gegen die Verbraucher entscheiden. Das ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass Flugverspätungen kein Bestandteil des drei Jahre zuvor beschlossenen Abkommens zwischen der EU und der Schweiz waren.

Das könnte sich zukünftig jedoch ändern. Im März dieses Jahres konnten wir eine Entschädigung für Schweizer Passagiere, die von einer mehrstündigen Verspätung betroffen waren, erfolgreich vor dem Genfer Gericht durchsetzen. Wir von AirHelp sehen uns durch diesen Fall bestärkt in der Meinung, dass sämtliche EU-Passagierrechte auch in der Schweiz anwendbar sind und kämpfen weiter dafür, dass die Schweizer Gerichte in Zukunft zu diesem Thema keine zweite Meinung haben.”

85 % der Fluggäste kennen ihre Rechte nicht. Lassen Sie sich nicht lumpen.

Registrieren Sie sich für unseren Newsletter und erhalten Sie die neuesten Ratschläge und Tipps direkt in Ihren Posteingang.

Teilen Sie es mit Ihren Freunden.

AirHelp ist bekannt aus:

20 minuten logoBasler Zeitung logoBlick logoHandelszeitung logo

AirHelp ist Mitglied in der Association of Passenger Rights Advocates (APRA), dem Verband der Organisationen zur Durchsetzung von Fluggastrechten, der sich für die Förderung und den Schutz der Rechte von Fluggästen stark macht.

Impressum

Copyright © 2024 AirHelp

Jetzt Anspruch prüfen

Alle Fluggesellschaften