Nach EuGH-Urteil: Lufthansa verwehrt 200.000 Fluggästen ihre Rechte

Nach EuGH-Urteil: Lufthansa verwehrt 200.000 Fluggästen ihre Rechte

Letzte Aktualisierung: 27. Mai 2021
  • Nach einer Klage von AirHelp entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass von Airline-Streiks betroffene Passagiere das Recht auf eine finanzielle Entschädigung haben
  • Im November 2019 waren knapp 200.000 Lufthansa-Passagiere von einem angekündigten Personal-Streik betroffen
  • Lufthansa weigert sich trotz Gerichtsurteil, die Entschädigungen für 4.500 Betroffene zu zahlen, die AirHelp vor Gericht vertritt

Berlin, 27. Mai 2021 – Nach einem angekündigten, einwöchigen Pilotenstreik der skandinavischen Airline SAS im Jahr 2019 konnten fast 370.000 Passagiere ihre Reisen nicht antreten. Europas größtes Legal Tech-Unternehmen AirHelp (www.airhelp.com), das sich auf Fluggastrechte spezialisiert hat, reichte daraufhin eine Klage beim schwedischen Gericht in Attunda ein. Der Fall ging bis vor den Europäischen Gerichtshof, welcher am 23. März 2021 entschied, dass neben spontanen auch angekündigte Airline-Streiks keinen außergewöhnlichen Umstand darstellen. Diese Entscheidung ist für alle Gerichte in der EU bindend und gilt demnach auch für andere Airlines. Betroffene Passagiere sind daher zu einer Entschädigung gemäß der Fluggastrechteverordnung EG 261 berechtigt. Die Lufthansa sieht dies jedoch offenbar anders und verwehrt Passagieren aus Deutschland dennoch ihre rechtmäßigen Zahlungen nach einem Streik.

Lufthansa ignoriert geltendes Recht für 200.000 Passagiere
In dem konkreten Fall handelt es sich um einen angekündigten Personalstreik bei der Lufthansa im November 2019. Durch die damaligen Vorkommnisse haben fast 200.000 Passagiere ihr Ziel nicht wie geplant erreichen können. Nun sollen die betroffenen Personen trotz des EuGH-Urteils nicht entschädigt werden. In fast allen der aktuell 4.500 von AirHelp geführten Gerichtsverfahren weigert sich die Lufthansa der Rechtsprechung des obersten Gerichts der EU zu folgen. Als Begründung gibt der Konzern an, auf ein ausstehendes Urteil des Landgerichts Köln zu warten, das in dieser Angelegenheit zuständig sei.

Dass die Lufthansa jedoch nicht nur wartet, sondern die Verfahren bewusst in die Länge zieht, zeigt der Umstand, dass der Konzern in jedem Gerichtsverfahren in dieser Sache in Berufung geht. So auch zuletzt am 21. April 2021, einem Monat nach dem Urteil des EuGH. Seit der Entscheidung ist die Rechtslage für diesen Fall allerdings eindeutig und die Lufthansa ist somit dazu verpflichtet, entschädigungsberechtigte Passagiere auszuzahlen. Den betroffenen Fluggästen steht daher eine Entschädigung von bis zu 600 Euro pro Person zu.

Die Hinhaltetaktik der Lufthansa ist nicht nur eine höchst unübliche Praxis vor Gericht, sondern unterstreicht den Unwillen des Konzerns, die Passagiere für die eigenen Versäumnisse zu entschädigen. Durch das von uns erstrittene EuGH-Urteil ist die Sachlage jedoch eindeutig. Der Konzern muss den betroffenen Personen einen Ausgleich bezahlen”, kommentiert Christian Nielsen, Chef der Rechtsabteilung bei AirHelp.

Die Lufthansa sieht sich von dem Gerichtsurteil nicht betroffen
Das Unternehmen argumentiert, dass ihr Crewstreik aus dem Jahr 2019 nicht mit dem Personal-Streik der SAS oder anderer Fluggesellschaften zu vergleichen ist. Lufthansa beruft sich darauf, alles in ihrer Macht Stehende getan zu haben, um diesen Streik zu verhindern – dass die Piloten trotzdem gestreikt hätten, sei demnach nicht dem Unternehmen geschuldet. Der Europäische Gerichtshof machte in seiner Entscheidung jedoch deutlich, dass ausnahmslos alle Personal-Streiks nicht als “außergewöhnlicher Umstand” gewertet werden können. Streiks müssen von Unternehmen als eine reguläre Tätigkeit eingeplant sein und sind daher als beherrschbar zu werten.

Bereits 2018 gewannen Passagiere einen anderen Streik-Fall vor dem Europäischen Gerichtshof
Vor drei Jahren war ein ähnlicher Streik-Fall bereits vor dem Europäischen Gerichtshof erfolgreich. Gegenstand der Klage war ein sogenannter “Wildcat Strike” – ein nicht angekündigter, spontaner Personalstreik. Das damalige Urteil des obersten Gerichts der EU deckt sich mit der jüngsten Entscheidung vom März 2021: Fluggesellschaften müssen Streiks einplanen und die dadurch betroffenen Passagiere entschädigen. Das aktuelle Urteil stellt nun klar, dass auch die Streiks, die wie bei der Lufthansa von einer Gewerkschaft organisiert und angekündigt werden, zu einer Entschädigung berechtigen.

Durch die beiden Urteile des Europäischen Gerichtshofs ist eindeutig festgelegt, dass Streiks nicht als außergewöhnliche Umstände gelten können und somit die Airlines dafür verantwortlich sind. Für betroffene Passagiere bedeutet dies, dass Sie gemäß der Fluggastrechteverordnung eine Entschädigung von den jeweiligen Fluglinien erhalten müssen. Das gilt auch für die Lufthansa, die nicht über dem Gesetz steht. Da sich der Konzern jedoch nach wie vor weigert, dies anzuerkennen, ziehen wir bei AirHelp die Lufthansa konsequent in dieser Sache vor Gericht und klagen die Rechte von betroffenen Passagieren ein”, ergänzt Christian Nielsen.

Diese Rechte haben Passagiere
Flugausfälle und -verspätungen können zu Entschädigungszahlungen in Höhe von bis zu 600 Euro pro Fluggast berechtigen. Die Höhe der Entschädigungszahlung berechnet sich aus der Länge der Flugstrecke. Der rechtmäßige Entschädigungsanspruch ist abhängig von der tatsächlichen Verspätungsdauer am Ankunftsort sowie dem Grund für den ausgefallenen oder verspäteten Flug. Betroffene Passagiere können ihren Entschädigungsanspruch rückwirkend durchsetzen, bis zu drei Jahre nach ihrem Flugtermin.

Außergewöhnliche Umstände wie Unwetter oder medizinische Notfälle können bewirken, dass die ausführende Airline von der Kompensationspflicht befreit wird. Angekündigte wie unangekündigte Streiks gehören nicht dazu.

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